Eindrucksvolle Bürgerkundgebung – eine Gemeinde begehrt auf und kämpft gegen die Schließung ihres Polizeipostens
Die Initiatoren der Bürgerkundgebung am Freitag vergangener Woche gegen die Verlegung des Oftersheimer Polizeipostens waren durchaus nicht sicher, ob ihr Engagement auf ausreichende Resonanz in der Bevölkerung stößt und ob sie im Kampf gegen die Pläne der Polizeidirektion notwendige Unterstützung erfahren. Bei Beginn der Veranstaltung konnte sich aber Nervosität und Unsicherheit diesbezüglich legen, denn die Bürgerdemo war sehr gut besucht. Mehr als 300 Oftersheimer, Gemeinderäte, Vertreter der Kirchengemeinden, Schulen, Polizeibeamte, der Jugendbewegung, Senioren und junge Familien hatten sich eingefunden, um gemeinsam gegen eine Reform zu Lasten der Oftersheimer Bürger zu protestieren und den Polizeioberen in Heidelberg den Kampf anzusagen. Auf dem Podium als Diskussionsteilnehmer vertreten waren neben den Initiatorinnen Hartmann und Llama, denen der ausdrückliche Dank des Bürgermeisters bei seinem Eröffnungsstatement galt, Wolfram Müller vom Polizeiposten Oftersheim, KHK Berberich vom Hauptpersonalrat der Polizei und dann natürlich Karl Himmelhan von der Polizeidirektion Heidelberg als Vertreter der Institution, die mit der vorgesehenen Umstrukturierung den ganzen Ärger und Protest ausgelöst hatte. Die Regie der Protestveranstaltung lag beim Kurpfalzradio-Moderator Matthias Wiest, zugleich ein Bürger der Gemeinde, in guten und professionellen Händen.
Nach der einleitenden Eröffnungsrede von Bürgermeister Baust mit deutlichen Worten des Unmuts und der Verweigerung der Gemeinde und dem Hinweis auf eine entsprechend einstimmige Resolution des Oftersheimer Gemeinderats folgte eine Podiumsdiskussion mit erfreulich aktiver Beteiligung der Besucher bzw. Gemeindebürger. Erwartungsgemäß hielten die Redner in ihren Eingangsstatements an ihren Meinungen und unterschiedlichen Standpunkten fest und zwar die Initiatoren, Bürgermeister, Ortspolizei und Polizeigewerkschaft auf der einen Seite und der Vertreter der Polizeidirektion auf der Reformerseite, der natürlich einen schweren Stand hatte. Trotz all seiner Bemühungen, mit seinen Argumenten, Statistiken und Hintergrundinformationen über Notwendigkeiten und Problemstellungen künftiger effizienter Polizeiarbeit konnte er die Kundgebungsteilnehmer von der Richtigkeit der Reformidee nicht überzeugen. Er erntete nur Skepsis, heftigen Widerspruch, unverhohlene Kritik bis hin zum Vorwurf, anderen Interessen zu dienen als den Bürgern vor Ort. Es folgte eine durchaus sachliche Podiumsdiskussion, wobei die Polizeidirektion unter anderem konfrontiert war mit vielfältigen Vorwürfen; u.a. wurde unehrliche Argumentation dahingehend vorgeworfen, dass nach Verlegung des Polizeipostens von Schwetzingen aus keine gleichwertige Versorgung und Sicherheit der Oftersheimer Bevölkerung gewährleistet werden könne. Bereits jetzt sei der Sparzwang mit erheblichem Stellenabbau erkennbar, den eigentlich die Politik zu verantworten habe. Kritisch hinterfragt wurden auch die derzeitigen Revierkapazitäten bei einer zunehmenden Anzahl von Großveranstaltungen und Events in Schwetzingen und regional, die zwangsläufig bei reduziertem Personal die örtliche Versorgung schwächen würde. Vehement und mehrfach wurde die Forderung erhoben, dass der Staat bei zentralen Aufgabenstellungen bzw. Kernaufgaben wie der polizeilichen Versorgung nicht zuerst sparen dürfe, denn es gäbe andere Einsparmöglichkeiten als die innere Sicherheit vor Ort auf diese Art in Frage zu stellen.
Polizeioberrat Himmelhan ließ sich von seinen Überzeugungen, das Richtige und Notwendige im Interesse einer gleichwertigen Sicherheitslage in allen Gemeinden bzw. flächendeckend zu erreichen, nicht abbringen, weil zu große Auslastungsunterschiede zwischen den Polizeiposten und damit zu große Belastungen mancher Dienststellen gegeben seien. Bei allem Verständnis der Polizeidirektion für die Situation in Oftersheim und trotz der erfolgreichen und lobenswert bürgernahen Arbeit der dortigen Beamten gäbe es überörtlich/regionale Zwangsläufigkeiten und Problemstellungen denen man Rechnung tragen müsse. Auch der Vorwurf, hinter der Umstrukturierung der Polizeiarbeit würde die Politik stehen, wurde entschieden zurückgewiesen. Seine wiederholt vorgetragenen Argumente und Zusicherungen, dass sich die Sicherheitslage in Oftersheim nicht verändern werde, weil die dortigen Beamten für Oftersheim zuständig blieben, fruchteten allerdings nicht. Die negative Stimmungslage bei den Kundgebungsteilnehmern blieb und verstärkte sich indessen sogar, denn Untersuchungsergebnisse und Argumente wurde erheblich in Zweifel gezogen. Aus allen Bereichen der Bevölkerung wurden nachvollziehbare Gegenargumente mit ausdrücklichem Lob und Anerkennung für ihre örtliche Polizei vorgetragen, die allerdings den PD-Vertreter nicht nachhaltig beeindruckten. Er und seine Direktion wollen sich offenbar auch nicht von einem derart eindrucksvollen Bürgeraufbegehren wie in Oftersheim von ihrem kritisierten Weg abbringen lassen. Eventuell schon im März soll im Sinne der Konzeption die endgültige Entscheidung fallen, wobei allerdings nicht von baldiger sondern eher von mittel- bis langfristiger Realisierung (offene Zeitschiene) auszugehen sei (wegen räumlicher Probleme im Revier Schwetzingen). Auf der Gegenseite war aber trotzdem keine Resignation zu erkennen, im Gegenteil: Jetzt erst recht wollen Bürgermeister, Gemeinderäte, Bürger und Organisationen gegen eine unsinnige und bürgerferne Reform ankämpfen, auch mit notwendigem Druck in Richtung Politik und notfalls auch durch Entsendung einer gemeinsamen Protestdelegation nach Stuttgart.
Alles in allem war die Bürgerkundgebung in der Kurpfalzhalle auch ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass die Bürger nicht alles hinzunehmen bereit sind sondern auch aufbegehren, sich widersetzen und notfalls rebellieren wollen, wenn es um den Erhalt grundlegender Allgemeininteressen geht. Man darf jedenfalls gespannt sein, wie die Polizeiführung in Heidelberg auf diese Bürgerdemo reagiert und ob ihr die vielbeschworene Bürgernähe eine Herzensangelegenheit ist oder nur nackte Zahlen und kühle betriebswirtschaftliche Überlegungen die Oberhand gewinnen an den Belangen der Bürger vorbei.
Auch wird man mit Interesse verfolgen, wie die Politik in diesen zentralen Fragen innerer Sicherheit vor Ort reagiert und ihre Rolle versteht.
Die Initiatorinnen danken allen Diskussionsteilnehmern und Bürgerinnen und Bürgern insbesondere auch den Mitwirkenden im Hintergrund. Ganz besonderer Dank an Nina Langenhahn, Sahra Jünger und Sabine Striebel für ihren Einsatz bei der Kinderbetreuung.