Werner Lörsch (68) und seine Nichte Esther Herm (43) stehen mit wehmütigem Blick vor der Baustelle in der Mannheimer Straße 63. Hier wird gerade Werner Lörschs Elternhaus abgerissen. „Es hat rein geregnet, die Holzbalken waren morsch, es war nicht mehr zu retten“, sagt er traurig. Auch seine Nichte kann den Blick nicht von den Tapetenresten nehmen, die der Bagger jetzt freigelegt hat: „Ich könnte heulen, da hängen ganz viele Erinnerungen dran, ich sehe noch die Möbel stehen. Das war einfach eine schöne Zeit mit der Oma, hier war immer was los.“ Die Oma Berta Lörsch verstarb im Jahr 1995, bis zuletzt wohnte sie in diesem Haus aus dem 19. Jahrhundert.
Genau genommen ist es Werner Lörschs zweites Elternhaus, das abgerissen wurde. Sein erstes Elternhaus stand an der Stelle, an der heute das 1964 erbaute Rathaus zu finden ist. Zuvor wurden die Grundstücke getauscht – die Gemeinde erwarb das Haus neben dem alten Rathaus, um mehr Platz für einen Rathaus-Neubau zu haben. Familie Lörsch siedelte von dort in die Mannheimer Straße 63 um. Deshalb sagt der Oftersheimer auch augenzwinkernd: „Wenn man so will, bin ich im Rathaus geboren.“
Hans-Peter Sturm vom Heimat- und Kulturkreis hat zur Geschichtes des Hauses im Archiv recherchiert:
Im ältesten offiziellen Plan Oftersheims, dem Lageplan von 1772, fällt das heutige Grundstück teilweise zusammen mit dem Hausplatz Nr. 69 an der „langen haupt=Straaß“. Aufgeführt als Besitzer ist „Ludwig Kuppert“, der laut Angaben von Karl Frei in dessen Ortschronik aus Rohrbach stammte. Die Größe des Platzes ist mit 92 Ruthen 18 Schuh angegeben. Er umfasste damals die heutigen Grundstücke Mannheimer Straße 63 und 65. Zur Bebauung macht der Plan keine Angaben.
Der Ortsplan von 1833 zeigt erstmals die Bebauung der einzelnen Grundstücke. Der bisherige Hausplatz Nr. 69 ist inzwischen geteilt. Die Stelle des Wohnhauses Nr. 63 ist bebaut in gleicher Breite – vermutlich handelt es sich bereits um das jetzt abgerissene Gebäude, auch ein kleiner Schuppen und eine Scheune sind eingetragen. Das Wohnhaus des benachbarten heutigen Gemeindemuseums Nr. 61 ist laut diesem Plan wohl ebenfalls schon in den heutigen Maßen vorhanden. Jedenfalls deutet auch hier nichts auf ein Vorgängergebäude hin, auch wenn der Begründungseintrag in der Denkmalliste der Gemeinde die Hofanlage als „charakteristisch für einen mittleren landwirtschaftlichen Betrieb der Zeit nach 1850“ beurteilt. Das Anwesen Nr. 65 steht wie das nun abgängige ebenfalls mit dem Giebel zur Straße.