„Wenig Geld, dringender Konsolidierungsbedarf und zahlreiche Besucher“ – mit diesen Worten lässt sich die öffentliche Gemeinderatssitzung vom Dienstag, 22.02.2011, treffend zusammenfassen. Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Verabschiedung des Haushaltsplans 2011 nach intensiver, detaillierter und sorgenvoller Vorberatung im Verwaltungsausschuss bereits seit Spätsommer 2010. Das zurückliegende Jahr 2010 war, wie kein anderes zuvor, sehr stark von der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise geprägt und findet einen entsprechend negativen Widerhall im Haushaltsplan 2011. Der Haushaltsplan 2011 der Gemeinde Oftersheim ist wohl als schlechtester Haushalt der Ortsgeschichte zu werten, da er ein noch nie da gewesenes Haushaltsdefizit beinhaltet. Und diese örtlich nicht zu verantwortende äußerst angespannte Finanzsituation wird nach aktuellen Prognosen noch einige Jahre andauern. Die mittelfristige Finanzplanung des Gemeindekämmerers Steffen Mann bis 2014 jedenfalls zeichnet ein sehr sorgenvolles Bild. Entsprechend negativ und besorgt fielen die Beurteilungen und Einschätzungen in den Etatreden von Bürgermeister Helmut Baust und den Fraktionssprechern aus, in denen traditionell finanzielle und kommunalpolitische Standortbestimmungen vorgenommen wurden. Der Haushaltsverabschiedung folgte die Einführung von Haushaltssperren für zahlreiche Haushaltsstellen im Haushalt 2011, traditionell die Beschlussfassung über die Bildung von Haushaltsresten und die Beschlussfassung über Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltssituation 2011. Ferner stand der Offenlagebeschluss für den Bebauungsplan „Nord-West“ – Teiländerung der Sonderbaufläche Einzelhandel und der angrenzenden Fläche für Allgemeine Wohngebiete auf der Agenda. Die wesentlichen Beratungsergebnisse und Beschlussfassungen sind nachfolgend dargestellt.
Haushaltsverabschiedung 2011
Bereits im Oktober vergangenen Jahres begannen die Haushaltserörterungen im Verwaltungsausschuss, die mit weiteren Vorberatungen im Dezember 2010 und am 22.01.2011 in der nichtöffentlichen Klausurtagung des Gemeinderates fortgesetzt wurden. Der jetzt zur Verabschiedung anstehende Haushalt beinhaltet die folgenden Eckdaten: Gesamthaushaltsvolumen: 28.747.100 €, davon 22.829.900 € im Verwaltungshaushalt und 5.917.200 € im Vermögenshauhalt. Das Haushaltsvolumen 2011 liegt lediglich um 98.200 € unter dem des Vorjahres. Allerdings hat sich das Haushaltsdefizit im Vergleich zu 2010 negativ entwickelt und ist auf eine alarmierend hohe Defizitsumme von 1.565.800 € angestiegen. Der Verwaltungshaushalt , der die Einnahmen und Ausgaben aus dem laufenden Betrieb/Geschäftsgang der Gemeinde enthält, ist nicht ausgeglichen – sprich die laufenden Ausgaben übersteigen die laufenden Einnahmen – und kann eine positive Zuführungsrate zur Finanzierung der Investitionen im Vermögenshaushalt nicht erwirtschaften. Folglich müssen eine letztmals mögliche Rücklagenentnahme von 350.000 € und eine Kreditaufnahme in der Größenordnung von 1.565.800 € erfolgen.
Die schlechten Ergebnisse im Verwaltungshaushalt resultieren aus massiven Einnahmeverlusten insbesondere als Folge der aktuellen Weltwirtschafts- und Finanzkrise und damit einhergehender Steuerausfälle. Allein die Einnahmeausfälle bei den Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich sind mit 578.600 € beachtlich. Durch die beschlossenen Steuererhöhungen bei den Realsteuern, die noch zu beschließenden Mieterhöhungen, die Einführung von Haushaltssperren, die Reduzierung der Fahrtkostenzuschüsse für Vereine und die sonstigen Konsolidierungsvorschläge können diese Einnahmeausfälle nur zu einem Bruchteil kompensiert werden. Massive Mehrausgaben resultieren aus gestiegenen Zuschüssen an die Kindergärten und die Zweckverbände von zusammen rund 245.000 €. Ein beachtlicher Ausgabenansatz ist immer auch der Personaletat, dessen Erhöhung in Höhe von 79.100 € auf Grund anstehender Tarif- und Besoldungserhöhungen eher gemäßigt aber unvermeidbar ausfällt.
Bürgermeister Helmut Baust wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass von den Gesamtausgaben im Verwaltungshaushalt in Höhe von 22.829.900 € nach Abzug der nicht oder kaum beeinflussbaren Ausgaben (FAG-Umlage, Kreisumlage, Gewerbesteuerumlage, Zuschüsse an Kindergärten und Zweckverbände, Personalausgaben) lediglich ein Restausgabenvolumen von rund 4,5 Mio. € verbleibe, auf welches die Gemeinde Einfluss nehmen könne. Und selbst hier sei ein Teil der Ausgaben aufgrund rechtlicher oder vertraglicher Verpflichtungen nicht steuerbar, sodass der Spielraum der Gemeinde im Hinblick auf Konsolidierungsmaßnahmen sehr begrenzt und überschaubar sei. Die durch die Einführung von Haushaltssperren möglichen Einsparungen in Höhe von 186.600 € dem Haushaltsdefizit von 1,5 Mio. € gegenübergestellt, zeige die ganze Dramatik der Finanzlage der Gemeinde Oftersheim. Die Gemeinde – so der Bürgermeister – könne einsparen, wo sie nur kann, und schaffe es trotzdem nicht, einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Neue Konzepte, eine andere Aufteilung der kommunalen Kosten sowie eine Neuregelung des Länder- und Gemeindefinanzausgleichs seien unabdingbar, andernfalls komme die Gemeinde – und mit ihr ein Großteil der baden-württembergischen Städte und Gemeinden – nicht mehr aus dieser „Abwärtsspirale“ hinaus. Beispielsweise dürfe das Land – so Baust weiter – den Städten und Gemeinden nicht ständig neue Lasten, wie z.B. in Kindergarten-, Schul- und Sozialangelegenheiten, aufbürden, ohne die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Im Vermögenshaushalt verringert sich das Gesamtvolumen gegenüber dem Vorjahr unter Berücksichtigung der Erschließung des Baugebietes „Auf den Ketscher Weg“, des zweiten Bauabschnitts Kanalsanierung Kantstraße, der Sanierung der Eichendorffstraße (mit Kanalauswechselung), des Investitionszuschusses für das „bellamar“ sowie des Deckungsbeitrags für das Defizit im Verwaltungshaushalt um 1.029.100 € auf 5.917.200 €. Zur Finanzierung des Vermögenshaushalts sind Kreditaufnahmen von voraussichtlich 1.565.800 €, eine letztmalig mögliche Rücklageentnahme von 350.000 €, Erlöse aus Grundstücksveräußerungen von 3.041.200 € sowie Beiträge und Zuweisungen in Höhe von 960.200 € vorgesehen. Die mittelfristige Finanzplanung unter Berücksichtigung der Orientierungsdaten des Landeshaushaltserlasses 2011 ergibt ein verheerendes Bild der Gemeindefinanzen mit einem mehrjährigen Gesamtkreditbedarf bis 2014 von nahezu 13.000.000 €. Die Gemeindeverschuldung je Einwohner steigt voraussichtlich von aktuell 736 € auf 1.120 € im Jahr 2014. In Anbetracht dieser dramatischen Entwicklung wird die Gemeinde auch in Zukunft regelrecht gezwungen sein, insbesondere im Verwaltungshaushalt – über die bereits beschlossenen und zur Beschlussfassung anstehenden hinausgehende – massive Konsolidierungsmaßnahmen vorzusehen und auch auf der Einnahmeseite weiter erhebliche Verbesserungen durch Steuer- und Gebührenerhöhungen vorzunehmen.
Der Haushalt stand trotz negativer Inhalte vor seiner mehrheitlichen Verabschiedung (17 Zustimmungen bei 4 Enthaltungen) traditionell im Mittelpunkt der Betrachtungen und finanzpolitischen Einschätzungen der Gemeinderatsfraktionen.
Der Haushaltsplan der Gemeinde Oftersheim für das Jahr 2011 kann als pdf-Datei (7 MB) heruntergeladen werden. Einfach den oben stehenden Link anklicken!
Im Zusammenhang mit der Haushaltsverabschiedung waren ergänzende Beschlüsse bezüglich der Abwassergebührenkalkulation und -erhebung erforderlich. Im Jahr 2007 wurde erstmals die kostendeckende Festlegung der Abwassergebühr beschlossen und damit einhergehend eine erhebliche Gebührensteigerung, die dem damaligen Gremium nicht leicht fiel. Nunmehr ist erfreulicherweise festzustellen, dass diese damalige Entscheidung richtig war mit einer kostendeckenden Gebühr von 2,40 €/m³, die für Gebührenkontinuität gesorgt hat. Der Gemeinderat sah dies ebenso und beschloss einvernehmlich die dazu notwendigen formalen Beschlüsse zur Beibehaltung des Gebührensatzes von 2,40 €/m³ und der zugrundeliegenden Kalkulationen. Eine analoge Behandlung der Kostenüber- bzw. unterdeckungen soll auch bei der Umstellung auf die gesplittete Abwassergebühr zum 01.01.2011 erfolgen.
Haushaltssperren 2011
Um einer negativen finanziellen Entwicklung entgegenzuwirken, kann die Gemeinde gemäß § 29 der Verordnung des Innenministeriums über die Haushaltswirtschaft der Gemeinden (Gemeindehaushaltsverordnung – GemHVO) Haushaltssperren beschließen. Demnach können – soweit und solange die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordern – die Inanspruchnahme von Ausgabenansätzen aufgeschoben werden.
Bürgermeister Baust verwies darauf, dass einige Kommunen dieses Instrument angewendet haben bzw. anwenden und auch die Gemeinde Oftersheim nun erstmals damit arbeiten wird. Die Anwendung der Sperren – so Baust – sei nur für einen Teil der Haushaltsstellen möglich. Die meisten Ausgaben ließen sich nicht aufschieben und auch zeitlich nicht strecken. Gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen seien zu einem bestimmten Termin zu erfüllen, was auch erfolgt. Eine angespannte Haushaltssituation, stellte der Bürgermeister abschließend klar, verschiebe finanzielle Verpflichtungen der Gemeinde gegenüber den Gläubigern nicht.
Die Haushaltssperre hat lediglich eine verwaltungsinterne Wirkung. Zu beachten ist auch, dass durch die haushaltswirtschaftliche Sperre die Ansätze des Haushaltsplans nicht aufgehoben, sondern lediglich die Inanspruchnahme aufgeschoben wird. Die Ausgabeansätze, die sich ganz oder zum Teil für eine Sperre eignen, wurden im Einvernehmen mit den bewirtschafteten Stellen der Gemeindeverwaltung festgelegt.
Der Gemeinderat beschloss einstimmig die Einführung von Haushaltssperren für den Haushaltsplan 2011, legte allerdings Wert darauf, dass die Haushaltssperren im Falle einer sich abzeichnenden bedeutenden finanziellen Entspannung nicht durch Bürgermeisterentscheidung sondern nur durch Gemeinderatsbeschluss insgesamt aufgehoben werden können. Bürgermeister Baust stimmte dem zu. Ferner wurde der Bürgermeister vom Rat ermächtigt, eine Aufhebung der Haushaltssperren in Einzelfällen zu bestimmen.
Bildung von Haushaltsresten 2010
Im Zusammenhang mit der Haushaltsverabschiedung ergaben sich beim nachfolgenden Tagesordnungspunkt wie in den Jahren zuvor Notwendigkeiten, Haushaltsansätze aus 2010, die wegen noch nicht abgeschlossener oder nicht begonnener Maßnahmen nur teilweise oder gar nicht in Anspruch genommen wurden, ins neue Haushaltsjahr zu übertragen. Es wurden bei den Einnahmen Haushaltsmittel in Höhe von 334.200 € und bei den Ausgaben 4.032.500 € Ausgabenmittel nach 2011 übertragen. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst.
Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltssituation 2011
Die Weltwirtschaftskrise mit ihren katastrophalen Auswirkungen auch auf die Gemeindekassen in Verbindung mit der Aufgaben- und damit auch Kostenverlagerung von Bund und Land auf die Gemeinden, zwingen die Kommunen zu immer drastischeren Sparmaßnahmen. Davon bleibt leider auch die Gemeinde Oftersheim nicht verschont. Es wurde daher bereits in mehreren Ausschusssitzungen und in einer speziell dafür anberaumten Klausurtagung nach Lösungen gesucht, die Belastungen bzw. Einsparungen auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Dabei konnten selbst relativ geringe Zuwendungen oder Freiwilligkeitsleistungen der Gemeinde nicht unberücksichtigt bleiben. Nach langem Ringen und Abwägung aller Für und Wider einigte man sich schließlich im Gremium darauf, die Mieten für die kommunalen Wohnungen und dem Siegwald-Kehder-Haus zum 01.07.2011 anzuheben und die Pflegepauschale im Siegwald-Kehder-Haus anzupassen. Bürgermeister Helmut Baust betonte dabei, dass sich diese Erhöhungen in einem moderaten Rahmen abspielen und sich die Mieten nach der Erhöhung im Vergleich zu den Mietwohnungen, die privat vermietet werden, immer noch am unteren Ende befänden. Ähnlich ist es bei den Hallenmieten, die rückwirkend ab dem 01.01.2011 angehoben werden. Hier beträgt die tatsächliche Erhöhung je Nutzungsstunde lediglich ca. 1,00 €. Abgeschlossen wurde die „Liste der Grausamkeiten“ durch den Wegfall der Fahrtkostenzuschüsse für Erwachsene rückwirkend zum 01.01.2011, die Kürzung der Zuschüsse für Partnerschaftsfahrten um 50 % und die Einschränkungen beim Ortsmittefest sowie dem Kinder- und Jugendtag, die künftig nur noch alle 2 Jahre ausgerichtet werden. Damit fällt in diesem Jahr das Ortsmittefest und der Kinder- und Jugendtag aus. Der Vorschlag der FWV-Fraktion, die Fahrtkostenzuschüsse beizubehalten, um eine einseitige Belastung eines Großvereins zu vermeiden, fand dabei keine Mehrheit, da man sich auf einen klaren Weg ohne Ausnahmen im Gremium einigte.
Bebauungsplan „Nord-West“ - Teiländerung der Sonderfläche Einzelhandel und der angrenzenden Fläche für Allgemeine Wohngebiete - Beschluss der Offenlage
Lediglich über die Auslegung des Entwurfs des „Bebauungsplanes Nord-West - Teiländerung des Sondergebietes Einzelhandel“ und der „Satzung über die Örtlichen Bauvorschriften“ hatte der Gemeinderat gemäß des Baugesetzbuches in Verbindung mit der Landesbauordnung Baden-Württemberg zu beschließen. Der entsprechende Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplanes „Nord-West“ - Teiländerung der Sonderbaufläche Einzelhandel" und der angrenzenden Fläche für Allgemeine Wohngebiete sowie eine Veränderungssperre wurden bereits in der Januarsitzung in diesem Jahr gefasst.
Sonstige Angelegenheiten/Bekanntgaben
Da derzeit außer dem nächsten Sitzungstermin des Gemeinderates am 15.03.2011 keine aktuellen Termine vorlagen, hatte Bürgermeister Helmut Baust das Gremium lediglich darüber zu informieren, dass die Abbrucharbeiten für das Anwesen Mozartstraße 9 an die Firma Berger aus Plankstadt vergeben worden sind. Das Gebäude soll abgerissen werden, um den Kreuzungsbereich zu normalisieren.
Anfragen
Die Anfragen aus dem Gremium von Gemeinderat Janfried Patzschke, ob das Ortsmittefest genehmigt werden könnte, wenn sich Sponsoren dafür fänden, d.h. die Kosten nicht von der Gemeinde getragen werden müssten und von Gemeinderat Peter Wierer bezüglich des Sachstandes im Rechtsstreit um den Sportboden in der Kurpfalzhalle wurden von Bürgermeister Helmut Baust und Ortsbaumeister Ernst Meißner dahingehend beantwortet, dass ein Ortsmittefest ohne finanzielle Auswirkungen auf die Gemeinde durchaus denkbar sei und bezüglich des Sportboden noch keine endgültige rechtliche Klärung erfolgt ist. Anfragen aus dem Besucherkreis erfolgten nicht.