Die letzte Sitzung des Gemeinderates im zu Ende gehenden Jahr 2010 hatte im öffentlichen Teil zwar zahlenmäßig wenig aber dafür umso interessantere Tagesordnungspunkte zu bieten. Steuererhöhungen bei der Grund- und der Gewerbesteuer inkl. dem Erlass einer neuen Hebesatzsatzung, die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr, Auftragsvergaben im Rahmen des Neubaus des Kindergartens in der Albert-Schweitzer-Straße sowie die Annahmen von Spenden, Schenkungen und ähnlichen Zuwendungen standen auf dem Programm. Der Sitzungsabschluss in der letzten Sitzung vor Jahresschluss gestaltete sich traditionell in friedlicher vorweihnachtlicher Atmosphäre mit kurzen bilanzierenden Rückblicken, nachdenklichen Worten und Betrachtungen, gegenseitigem Dank und guten Wünschen fürs neue Jahr. Die Beratungsergebnisse nachfolgend in der Zusammenfassung:
Erlass einer Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung)
Dieser Tagesordnungspunkt wollte so gar nicht zur vorweihnachtlichen und besinnlichen Atmosphäre im Ratsaal passen, doch die äußerst angespannte Finanzsituation der Gemeinde macht diesen Schritt unumgänglich. Die Hebesätze der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer wurden letztmals mit Beschluss vom 08.12.2009 geändert. Grund für die nochmalige Erhöhung ist die Tatsache, dass die Gemeinde die laufenden Ausgaben des Haushalts 2011 nicht mehr durch entsprechende Einnahmen decken kann – unter dem Strich steht ein beträchtliches Defizit von 2,1 Mio. Euro. Dies bedeutet, dass die Gemeinde Vermögen (durch geplante Grundstücksverkäufe) für den Ausgleich von laufenden Ausgaben verwenden muss. Mittelfristig, also 2012 bis 2014, werden nach aktuellem Stand im Verwaltungshaushalt Fehlbeträge von zusammen 4,2 Mio. Euro zu decken sein. Die Erlöse aus Vermögensveräußerungen werden zum Ausgleich des Verwaltungshaushaltes – sprich für die laufenden Kosten der Gemeinde – unwiederbringlich verbraucht, ohne ihrem eigentlichen Zweck, der Vermögenserhaltung bzw. Vermögensschaffung zugute gekommen zu sein. Um die investiven Maßnahmen in 2011 umsetzen zu können, ist ein Kreditbedarf von aktuell rund 1,8 Mio. Euro vorhanden.
Die Ursachen sind vielschichtig und nahezu ausnahmslos durch äußere Entwicklungen entstanden. Zu nennen sind hier der Einnahmeeinbruch aus den Schlüsselzuweisungen aus dem Gemeindefinanzausgleich und dem Gemeindeanteil aus der Einkommensteuer. Hinzu kommen massiv gestiegene Ausgaben im Kinder- und Jugendbereich. Dem stehen die moderaten Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer in Oftersheim gegenüber, die sich aktuell im Landesdurchschnitt im unteren Drittel bewegen. Als weiteres Argument für die Erhöhung wurde schließlich vom Gremium die Tatsache erkannt, dass der Zugang zu einem größeren Fördertopf, der jährlich vom Land zur Verfügung gestellt wird, der Förderung aus dem so genannten Ausgleichsstock nur strukturschwachen Gemeinden möglich ist, die ihre Steuerkraft bereits ausgeschöpft haben. Paradoxerweise steigen für Oftersheim mit der Steuererhöhung die Chancen, Fördermittel aus dem Ausgleichstock erhalten zu können, was 2010 bereits für den Neubau des Kindergartens in der Albert-Schweitzer-Straße der Fall war.
Das Ratsgremium tat sich verständlicherweise schwer mit dem Beschluss der vorgeschlagenen Steuererhöhungen, sah aber aufgrund der aktuell und mittelfristig äußerst angespannten Finanzlage der Gemeinde keinen anderen Weg trotz dem Bewusstsein, dass die Zeit für eine zusätzliche Steuerbelastung der Bevölkerung angesichts der generell gestiegenen Lebenshaltungskosten denkbar ungünstig ist. Um gegenzusteuern, dass die Haushaltsschieflage nicht noch dramatischere Züge annimmt und künftige Generationen durch Kreditaufnahmen belastet werden, beschloss der Rat schweren Herzens und „mit geballter Faust in der Tasche“ mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen und 1 Enthaltung, die Grundsteuer A (aktuell 320 Prozentpunkte) und B (300) und die Gewerbesteuer (350) auf einheitlich 380 Prozentpunkte zu erhöhen und die Hebesatzsatzung entsprechend anzupassen. Der Antrag der CDU-Fraktion, die Hebesätze in einem gemäßigteren Schritt auf lediglich einheitlich 350 Prozentpunkte zu erhöhen, wurde mehrheitlich bei 7 Zustimmungen, 14 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt. Allerdings stellte der Gemeinderat klar, dass dies nur ein erster Schritt zur Konsolidierung des Gemeindehaushaltes sein könne, weitere Maßnahmen insbesondere zur Reduzierung der Ausgaben müssten folgen, wobei auch die Verwaltung mit Personalkosteneinsparungen ihren Teil dazu beitragen müsse. Lediglich die Generierung von zusätzlichen Einnahmen im Blick zu haben, sei zu kurz gedacht und den Bürgern nicht vermittelbar. Der Gemeinderat wird sich in einer Sondersitzung am 22.01.2011 mit dem Thema „Gemeindefinanzen und Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen“ befassen. Die Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer ist im amtlichen Teil abgedruckt.
Abwasserbeseitigung: Einführung der gesplitteten Abwassergebühr
Die Abwasserbeseitigung ist gemäß § 45 b Abs. 2 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) eine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Der Begriff Abwasser umfasst jedoch nicht nur das auf dem Grundstück anfallende Schmutzwasser, sondern auch das in dem Bereich bebauter oder befestigter Grundstücke abfließende und in die Kanalisation eingeleitete Niederschlagswasser.
Im Rahmen dieser Aufgabenerfüllung müssen somit die Kommunen im bebauten Ortsbereich Kanalisationssysteme bereithalten, die im Regelfall das gesamte auf dem erschlossenen Grundstück anfallende Schmutz- und Niederschlagswasser aufnehmen können. Durch das Wasservereinfachungsgesetz vom 16.07.1998 wurde diese Pflicht eingeschränkt, sofern das Niederschlagswasser dezentral entsorgt werden kann.
Gemäß § 45 b Abs. 3 WG ist bei Grundstücken, die nach dem 01.01.1999 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen wurden, durch Versickern oder ortsnaher Einleitung in ein oberirdisches Gewässer eine Entwässerung des Niederschlagswasser zu schaffen, sofern dies in einem vertretbaren Aufwand und schadlos für den Grundstückseigentümer möglich ist.
Gebührenerhebung
Die weit überwiegende Zahl der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg erhebt bisher die Abwassergebühren auf Grundlage des Frischwasserverbrauchs. Die jährlich bezogene Frischwassermenge wird dabei mit einem satzungsgemäß festgelegten Abwassergebührensatz multipliziert und so die jährliche Abwassergebührenschuld festgestellt. Ggf. sind noch Absetzungen für die Gartenbewässerung möglich.
Die Kosten der Beseitigung des Niederschlagswassers, welches durch versiegelte Flächen in die Kanäle gelangt, werden bisher von der Mehrzahl der Gemeinden nicht erfasst. Somit sind Eigentümer von Grundstücken mit einem erheblichen Versiegelungsanteil im Vorteil (Beispiel Einkaufsmarkt: Gebührenschuld hauptsächlich nur durch Personaltoilette, obwohl erhebliche Abwässer aufgrund des Versiegelungsgrades durch Parkflächen in die Kanalisation eingeleitet wurden).
Rechtliche Beurteilung in der Vergangenheit
Im Zuge der o.g. Änderungen des Wasservereinfachungsgesetzes kam es zu verschiedenen Gerichtsurteilen, die in der Konsequenz folgende Beurteilung zugrunde legten:
- Eine Berechnung der Abwassergebühr lediglich nach dem Frischwassermaßstab war nicht mehr uneingeschränkt möglich.
- Grundsätzlich war dies jedoch weiterhin möglich, wenn auf dem Gemeindegebiet eine homogene Bebauung gegeben ist oder die Kosten für die Beseitigung des Niederschlagswasser gemessen an den gesamten Entwässerungskosten nur geringfügig waren.
Die Gemeinde Oftersheim sah bisher keine Veranlassung, der Einführung einer gespalteten Abwassergebühr näherzutreten. Dabei spielte insbesondere die Kosten-Nutzen-Situation eine bedeutende Rolle. Insbesondere wenn man versucht, jedem Einzelfall gerecht zu werden, ist die Einführung einer gespaltenen Abwassergebühr mit erheblichen Kosten verbunden, welche dem Abwassergebührenschuldner zusätzlich in Rechnung gestellt werden müssten.
Aktuelle Beurteilung der bisherigen Rechtssituation
Mit der Entscheidung des VGH Mannheim vom 04.03.2010 fand eine neue Beurteilung der bisherigen Rechtssituation statt. Demnach ist die künftige Bemessung der Abwassergebühr generell nach einem gesplitteten Maßstab zu fertigen. Die Gemeinde Oftersheim hat somit keine Wahlmöglichkeit mehr.
Gemeindliche Situation
Die geänderte Rechtssituation wurde bereits vom Gemeinderat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 18.05.2010 behandelt. Das Gremium war sich einig, dass eine Bemessung nach der tatsächlich angeschlossenen und versiegelten Grundstücksfläche erfolgen soll.
Die (Ober)Bürgermeister der fünf Gemeinden des Sprengels Schwetzingen – Brühl, Ketsch, Oftersheim, Plankstadt und Schwetzingen – haben sich nun dahingehend abgestimmt, dass in allen fünf Gemeinden eine grundlegend gleiche Systematik für die gesplittete Abwassergebühr eingeführt wird, um eine Gleichbehandlung aller Bürger/innen im Gebiet des Sprengels sicherzustellen. Zudem bietet sich dieses einheitliche Vorgehen an, weil alle fünf Gemeinden über den Zweckverband Bezirk Schwetzingen bei der Abwasserentsorgung kooperieren.
Der getrennte Abwassergebührenmaßstab kann nur rechtssicher und mit einer der Gleichbehandlung entsprechenden gerechten Systematik eingeführt werden, wenn die Anteile von Schmutz- und Niederschlagswasser für jedes Grundstück in der Gemeinde exakt erfasst werden. Eine Befliegung der Gemarkungsfläche zur Erfassung der Grundlagen hat bereits stattgefunden. Nun müssen die Ergebnisse erfasst und ausgewertet werden. Die notwendige Erstellung von Veranlagungseinheiten je Grundstück ist sehr aufwändig und kann nur von einer externen Firma geleistet werden. Aus diesem Grund haben sich alle fünf Kommunen zwei Vergleichsangebote für diese Arbeiten zur Einführung des getrennten Abwassergebührenmaßstabs geben lassen, über die nun abzustimmen war.
Bürgermeister Helmut Baust wies darauf hin, dass die Materie sehr komplex und kompliziert ist und dass eine Bürgerinformationsveranstaltung stattfinden wird, im Rahmen derer den Bürgern die rechtliche Situation und die Konsequenzen fundiert und verständlich erläutert werden. Die Auswertungen durch die beauftragte Firma werden voraussichtlich bis zur Jahresmitte 2011 abgeschlossen sein. Die Kosten für die Befliegung und Auswertung der Daten veranschlagte der Bürgermeister auf ca. 50.000 Euro, die in die Abwassergebühr einkalkuliert werden, da sie gebührenfähig sind. Die Berechnung mit den Bildern der Befliegung wird jedem/jeder Grundstücks-/Hauseigentümer/in zugeschickt. Künftig erhalten die Grundstückseigentümer/innen zwei Gebührenbescheide mit zwei Maßstäben (getrennt für die Einleitung von Frisch- und von Niederschlagswasser). Die Abrechnung für 2010 wird sich noch am alten Recht orientieren und den Bürgern im Januar oder Februar 2011 zugehen.
Der Gemeinderat begrüßte, dass eine Bürgerinformationsveranstaltung zu diesem Thema durchgeführt wird und fasste einstimmig folgende Beschlüsse:
- Der getrennte Gebührenmaßstab bei der Abwasserbeseitigung wird in Oftersheim eingeführt.
- Die Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm (KIRU) wird in Kooperation mit der Firma iib (Institut Innovatives Bauen Dr. Hettenbach GmbH, Schwetzingen) zum Pauschalpreis von 43.359,61 € (brutto) beauftragt, die Einführung des getrennten Abwassergebührenmaßstabes umfassend vorzubereiten.
- Der Abwasserzweckverband Bezirk Schwetzingen wird beauftragt, die weitere laufende Umsetzung des getrennten Abwassergebührenmaßstabs für die Verbandsgemeinde Oftersheim sicherzustellen.
Neubau eines Kindergartens, Albert-Schweitzer-Straße 43, Oftersheim
-Auftragsvergaben-
Der Neubau des Kindergartens in der Albert-Schweitzer-Straße liegt gut im Zeitplan schreitet Schritt für Schritt voran. Der Gemeinderat nahm Kenntnis von den Ergebnissen der letzten Submissionen und vergab die Aufträge an die jeweils günstigsten Bieter wie folgt:
Bodenbelagsarbeiten:
Firma Lang aus Michelfeld zum Angebotspreis von 45.990,40 Euro. Hier waren insgesamt acht Anbieter im Rennen.
Malerarbeiten:
Vergabe an die Firma Barth aus Oftersheim zum Angebotspreis von 34.383,28 Euro, die sich gegen sechs weitere Mitbewerber als günstigste Bieterin durchsetzte.
Schreinerarbeiten:
Vergabe an die Firma Salamon aus Heidelberg zum Preis von 58.451,22 Euro als günstigste Offerte bei insgesamt vier Bietern.
WC-Trennwände:
Vergabe ebenfalls an die Firma Salamon aus Heidelberg zum Preis von 15.748,46 Euro. Es lagen vier weitere Angebote vor.
Mit der Vergabe der vier oben genannten Gewerke sind bis auf die Bauendreinigung alle Arbeiten zum Neubau des Kindergartens vergeben. Unter Berücksichtigung der veranschlagten Summe für die Bauendreinigung und der bisher notwendigen Nachträge der beauftragten Gewerke belaufen sich die Baukosten (ohne Außenanlagen und Baunebenkosten) auf 1.520.000 Euro. Die fortgeschriebene Kostenberechnung des Architekturbüros Maier vom Mai 2010 beläuft sich auf 1.648.000 Euro.
Annahme von Spenden, Schenkungen und ähnlichen Zuwendungen
Erfreulicherweise hatte der Gemeinderat auch diesmal wieder folgende Spendenannahmen zur Kenntnis zu nehmen und für diese eine Bestätigung auszusprechen:
- 50,00 Euro von Herrn Ingo Paul für die Freiwillige Feuerwehr
- 2.000,00 Euro vom Golfclub Rheintal für soziale Zwecke
- 200,00 Euro von Herrn Michael Seidling für soziale Zwecke
Sonstige Angelegenheiten/Bekanntgaben
Bürgermeister Baust informiert den Rat darüber, dass die Firma GeoEnergy GmbH aus Karlsruhe in den nächsten Wochen Erkundungsfahrten in Oftersheim durchführen wird. Im Rahmen dieser Fahrten werden Bodenmessungen und Rüttelproben gemacht, die Aufschluss über die Boden-/Untergrundbeschaffenheit hinsichtlich Geothermie/Energiegewinnung geben sollen.
Anfragen
Aus dem Gemeinderat
Die Anfrage von Gemeinderat Peter Wierer beschäftigte sich mit dem Zustand des Weges vom Siegwald-Kehder-Haus zur Ortsstraße Hinter den Ortsgärten und dem aktuellen Sachstand. Bürgermeister Baust verwies darauf, dass die Anfrage ein Antrag der SPD-Fraktion zum Haushaltsplan 2010 war und sagte zu, dass sich der Gemeinderat in seiner Sondersitzung am 22.01.2011 u.a. auch mit den Fraktionsanträgen zu den Haushaltsplänen 2010 und 2011 befassen wird.
Aus den Reihen der Zuhörerinnen und Zuhörer gab es zwei Anfragen:
- Anfrage hinsichtlich der Einrichtung eines Ruheforstes/Friedwaldes in Oftersheim nach dem Beispiel von Bad Dürkheim; Bürgermeister Baust sagte zu, dieses Thema bei den Beratungen über die Zulassung neuer Bestattungsformen auf dem Friedhof zu behandeln.
- Frage, wie hoch der aktuelle Schuldenstand der Gemeinde ist; Bürgermeister Baust entgegnet, dass der derzeitige Schuldenstand rund 5,6 Mio. Euro beträgt.
Zum Abschluss der Sitzung ließ Bürgermeister Helmut Baust traditionsgemäß mit einer Sitzungsstatistik und bilanzierenden Worten das zurückliegende Jahr 2010 Revue passieren und richtete seinen Vortrag mit Worten des Dankes für die vertrauensvolle Zusammenarbeit an den Gemeinderat und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dem schloss sich auch Bürgermeisterstellvertreter Roland Seidel an, der ebenfalls nach einem kurzen Rückblick auf das vergangene Jahr das gute Miteinander und die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Gemeinderat, mit der Verwaltung und mit den Mitbürgern lobte. Gute Wünsche für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches Jahr 2011 bildeten den Schlusspunkt der Sitzung.