Die Gemeindebücherei Oftersheim feiert im Jahr 2010 ein „kleines“ Jubiläum, denn sie ist seit 25 Jahren im Anwesen Mannheimer Straße 67 untergebracht. „Klein“ ist das Jubiläum deshalb, weil die Geschichte der Bücherei viel weiter zurückreicht als bis ins Jahr 1985 und lediglich ein kleiner Abschnitt im Lebenslauf der Gemeindebibliothek in diesem Jahr zur Würdigung ansteht.
Die Geschichte der Gemeindebücherei Oftersheim lässt sich bis ins Jahr 1939 zurückverfolgen, vorher gab es lediglich eine Schulbücherei in Oftersheim. Am 3. Juli jenen Jahres hatte der Gemeinderat den Beschluss gefasst, eine Volksbücherei einzurichten. Dies geschah unter dem Druck des Gauamtsleiters Körber, der in einem Schreiben an die Gemeinde Oftersheim massive Maßnahmen für den Fall androhte, dass in Oftersheim keine Volksbücherei eingerichtet würde. Noch im gleichen Monat stellte die Gemeinde bei der staatlichen Volksbüchereistelle den Antrag auf Errichtung einer Volksbücherei mit 500 Bänden. Die Zusammensetzung des Buchbestandes wurde von der staatlichen Volksbüchereistelle Freiburg „empfohlen“, was damals einer zwingenden Weisung gleichkam. Die Folge hiervon war, dass nur Bücher ausgeliehen werden konnten, die den Nationalsozialismus verherrlichten.
Die änderte sich nach dem zweiten Weltkrieg im Jahre 1945. Auf Weisung des Landratsamtes mussten alle Bücher mit nationalsozialistischem Gedankengut aussortiert und vernichtet werden. Die Vollzugsmeldung hierzu erfolgte am 8. August 1945.
Bis zum Neuaufbau der Bücherei vergingen mehrere Jahre. Der verbliebene Restbestand war in der Schule aufbewahrt und als Schulbücherei mitbenutzt worden. Erst 1958 ist dann wieder von der Volksbücherei die Rede. Der Gemeinderat hatte am 30. September 1958 den Beschluss gefasst, die ehemalige Wärmestube im Schulgebäude Mannheimer Straße 51 herzurichten und die Volksbücherei darin unterzubringen. Im Januar 1959 waren die Arbeiten abgeschlossen, so dass die Bücherei wieder eröffnet werden konnte. Hier war sie sechs Jahre lang untergebracht. In die Pläne für das neue Rathaus wurde auch der Raumbedarf der Gemeindebücherei aufgenommen.
Das neue Rathaus war 1965 fertig, und so bekam die Gemeindebücherei im Erdgeschoss ihr neues Domizil. Im Laufe der Jahre vergrößerte sich der Bücherbestand immer mehr. Im Jahre 1977 waren es schon 5.500 Bände.
Um dieser erfreulichen Aufwärtsentwicklung Rechnung tragen zu können, wurde 1976 ein 200 qm großer Raum im Obergeschoss des Hauses Mannheimer Straße 59 vorgesehen. Der Ausbau der früheren Wohnungen zur Gemeindebücherei erwies sich als recht schwierig. Die gesamte Erdgeschossdecke, die aus alten Holzbalken bestand, musste ausgewechselt werden, alle Zwischenwände im Obergeschoss wurden entfernt, viele Holzträger mussten eigezogen werden. Nach eineinhalbjähriger Bauzeit waren schließlich die Schwierigkeiten überwunden und die Gemeindebücherei konnte am 17. Juni 1977 im Hause Mannheimer Straße 59 mit Gemeindemuseum, Altenbegegnungsstätte etc. ihrer Bestimmung übergeben werden.
Die Entwicklung ging weiterhin steil nach oben. Fast jährlich stiegen Leserzahlen und Ausleihungen. Die Bestände wurden regelmäßig ergänzt und das Angebot in der Bücherei erweitert. Schon nach fünf Jahren gingen die Platzreserven zur Neige, sodass die Frage diskutiert werden musste, ob eine Erweiterung im gleichen Gebäude zur Ausstellung und Aufbewahrung neu anzuschaffender Bücher möglich ist oder ob erneut an eine anderweitige Unterbringung der Bücherei gedacht werden muss. Die Prüfung ergab, dass aus funktionellen Gründen an eine neue Bücherei gedacht werden musste, da eine Erweiterung vor Ort nicht den erhofften, dauerhaften Erfolg verspräche.
Mit dem Erwerb des Grundstücks Mannheimer Straße 67 durch die Gemeinde eröffnete sich dann die Möglichkeit für eine neue Bücherei, die sofort wahrgenommen wurde. Die nun geschaffenen Flächen mit ca. 400 qm dürften dem jetzigen und auch dem künftigen Bedarf der Gemeinde entsprechen. Zum Zeitpunkt des Umzuges 1985 waren etwa 2.500 Leser registriert. Der Bücherbestand belief sich auf rund 14.000 Stück.
Für die Anschaffung neuer Bücher waren im Haushaltsplan für 1985 insgesamt 30.000 DM (zum Vergleich: 2010 sind es 18.000 €) eingestellt. Man erkennt daraus, dass die Gemeinde nicht nur an große, das Angebot fassende Räume, sondern auch an eine laufende Aktualisierung des Bestandes denkt und seit vielen Jahren ein vielfältiges und attraktives Angebot für die Bevölkerung bereithält.
Aus dem historischen Rückblick ist zu erkennen, dass die Geschichte der Bücherei eine Erfolgsgeschichte ist. Und wir alle hier in Oftersheim können dazu beitragen, dass dies auch so bleibt. Die Oftersheimer Bevölkerung sollte die Möglichkeit der Besichtigung der Gemeindebücherei am jährlich stattfinden Familientag, der ein „Tag der offenen Tür“ für Familien ist, nutzen. Natürlich können sich auch viele Menschen unter dem Jahr zu den Öffnungszeiten der Bücherei davon überzeugen, dass die Gemeinde Oftersheim auf diesem Gebiet der freiwilligen Aufgaben im kulturellen Bereich Vorbildliches für die Einwohner zur Verfügung stellt.
Siegwald Kehder, Bürgermeister i.R.