"Sind nicht der Sündenbock für die Sparpolitik des Landes"
Emotional hoch her ging es in den vergangenen Wochen, kam das Gespräch auf das Wildschweingehege und dessen durch das Kreisforstamt beabsichtigte Schließung. Durch die Neuorganisation der Forstämter überließ es der Kreis nun den Gemeinden, die ein solches Gehege auf ihrer Gemarkung haben, wie sie künftig mit ihm verfahren - entweder in Eigenregie weiterbetreiben oder aber die Schließung.
Nun hat der Oftersheimer Gemeinderat mehrheitlich, gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, sich für letztere Variante entschlossen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert Bürgermeister Helmut Baust die Angelegenheit aus Sicht der Gemeindeverwaltung.
"Sehen Sie, in all den Diskussionen der vergangenen Wochen wurde ein ganz entscheidender Aspekt meist gar nicht berücksichtigt: die Gehege werden nicht von der Gemeinde, sondern vom Kreisforstamt geschlossen", gibt der Rathauschef den schwarzen Peter an die Urheber zurück. "Dieses hat sich im Zuge der Reform der Forstverwaltung dem Land gegenüber verpflichtet, gewinnbringender zu wirtschaften. In dem Zusammenhang passen defizitäre Einrichtungen wie die Wildgehege nicht mehr in das Konzept, obwohl gleichzeitig immer wieder gerne vom Kinderland Baden-Württemberg gesprochen wird", so der Bürgermeister. Er - und auch verschiedene Kreisräte - hätten versucht, den Kreis umzustimmen, hatten allerdings leider nichts erreichen können. Das Rotwildgehege im Schwetzinger Wald wurde bereits im Frühjahr geschlossen, nun sollen die Gehege in Oftersheim und bald auch die anderer Gemeinden, so auch selbiges in Ketsch, geschlossen werden. In der Enderlegemeinde steht allerdings die Diskussion am Ratstisch noch aus. Der Gemeinde sei angeboten worden, die Gehege zu übernehmen, konzediert Baust, schiebt aber gleich hinterher, dass auf diese Weise Land und Kreis entlastet würden - "die ohnehin schon übermäßig finanziell belasteten Kommunen müssten alle Aufwendungen tragen!"
Eine Übernahme der Wildgehege würde für die Gemeinde nicht nur eine große finanzielle Belastung bedeuten - jährliche Aufwendungen in Höhe von 35 000 Euro und eine einmalige Investition von 30 000 Euro für den notwendig gewordenen Doppelzaun rund um die Anlage. Zusätzlich stelle sich die Frage der fachlichen Betreuung der Gehege, gibt Baust zu bedenken. Die beiden Oftersheimer Gehege wurden bisher von Forstamtsrat Volkland betreut, der direkt bei den Gehegen wohnte.
Die Betreuung der Gehege sei auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen sowie in den Abendstunden notwendig. Dies könne man von dessen Nachfolger Andreas Kolb, der nicht in Oftersheim wohne, nicht erwarten. Die Gemeinde selbst habe kein Fachpersonal, müsste daher auf Dritte zurückgreifen, was zusammen mit dem Bedarf an Futtermitteln zu den hohen jährlichen Kosten führen würde. Baust: "Aufgrund des erheblichen Betreuungsaufwands des Wildschweingeheges hat man der Gemeinde empfohlen, nur das Rotwildgehege zu erhalten". Diesen Vorschlag habe er denn auch dem Ratsgremium unterbreitet, doch habe es sich mit knapper Mehrheit dafür entschieden, beide Gehege nicht zu übernehmen. Die kritische Finanzsituation der Gemeinde mache das Eingehen zusätzlicher Verpflichtungen unverantwortlich. "Wir setzen alles daran, die Schulden in Grenzen zu halten, um die nächsten Generationen nicht zu belasten", betont Baust. Die Verwaltung bemühe sich, Einsparungsmöglichkeiten zu finden. Rund 85 Prozent der Ausgaben könne man allerdings nicht beeinflussen, da sie vorgegeben seien. Momentan steigen vor allem die Kosten für die Kindergärten enorm - innerhalb von zwei Jahren hätten sich die Aufwendungen in diesem Bereich um 400 000 auf rund 1,3 Millionen Euro erhöht. "Gerade auch für Kinder und Jugendliche wird hier viel investiert. Die Gemeinde ist aber nicht in der Lage, alle Wünsche zu erfüllen". Er habe Verständnis für die Emotionen, die mit der Schließung der Gehege entstanden seien, "aber wir als Gemeinde möchten nicht als Sündenbock für die Sparpolitik des Landes herhalten!"
„Schwetzinger Zeitung“, (Markus Wirth)