Auszüge aus der Neujahrsansprache von Bürgermeister Helmut Baust
Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,
verehrte Ehrengäste,
Der Jahreswechsel ist immer eine gewisse Zäsur. Für kurze Momente halten wir inne, blicken zurück, überdenken unsere Lebenssituation und schauen in die Zukunft.
Wenn wir das zu Ende gehende Jahr noch einmal Revue passieren lassen, dann werden wir feststellen müssen, dass wir nicht mit allen Tagen des vergangenen Jahres zufrieden sein können. Diese Feststellung trifft wohl auf alle Lebensbereiche zu, im privaten Bereich, in der Familie, im Beruf aber auch auf das politische Geschehen in Deutschland und weltweit.
Noch immer finden zahlreiche Kriege in fernen Ländern statt, hinterhältige Terroranschläge verunsichern die Menschen, insbesondere in der westlichen Welt, Umweltkatastrophen wie Erdbeben, Feuersbrünste, Überschwemmungen, Wirbelstürme erinnern uns Jahr für Jahr und immer öfter daran, dass wir viel schonender mit unserer Umwelt umgehen müssen. Dabei genügt es meines Erachtens nicht, dass wir immer nur auf die große Politik verweisen, sondern es ist notwendig, dass wir selbst im Kleinen, im Alltag damit anfangen.
Nach wie vor kommt der Wirtschaftsmotor in Deutschland nicht auf Touren, die Finanzkrise der öffentlichen Hand hält weiter an. So überraschend es am 18. September zu einer Neuwahl des Deutschen Bundestages kam, so wenig überraschend war dabei, dass die Wählerinnen und Wähler in Deutschland sich für einen Regierungswechsel entschieden haben, wenngleich der noch zur Jahresmitte erwartete große Wechsel ausgeblieben ist.
Ich möchte mir nur wünschen, dass es der ersten deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der sie tragenden großen Koalition gelingt, durch richtige Weichenstellungen zunächst das Vertrauen der Menschen in die Politik zurück zu gewinnen und den stotternden Wirtschaftstanker Deutschland wieder flott zu machen.
Von zwei Ereignissen in diesem Jahr war ich persönlich ganz besonders beeindruckt. Einmal von der ungeheueren Spendenbereitschaft der Deutschen im Zusammenhang mit der Tsunamikatastrophe. Wir haben ja noch unter dem aktuellen Eindruck der Katastrophe vor einem Jahr auf musikalische Beiträge beim Neujahrsempfang verzichtet. Zusammen mit einigen anderen Spenden, die bei uns eingegangen sind, war es uns möglich, für den Wiederaufbau einer Schule in Somalia, in einem Land, das auch von der Flutwelle betroffen, allerdings nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit gestanden hatte, zu spenden.
Und ein zweites wird mir noch lange in positiver Erinnerung bleiben: Die Wahl des Papstes. Nach immerhin 482 Jahren wurde mit Kardinal Josef Ratzinger wieder ein Deutscher zum Papst gewählt. Die Euphorie war unbeschreiblich. Beeindruckt war ich ebenso von der Begeisterung beim Weltjugendtag in Köln, bei dem Millionen junger Menschen aus aller Welt zu Gast waren und dem neu gewählten Papst zujubelten. Es wäre gut, wenn diese Euphorie, gerade bei jungen Menschen noch sehr lange anhält und Früchte trägt in die Gesellschaft hinein.
Betrachten wir das Gemeindegeschehen so dürfen wir mit Genugtuung zurückblicken, auch wenn nicht alles wunschgemäß verlaufen ist und sich manche Erwartungen leider nicht erfüllt haben.
Sehr deutlich spüren wir gerade in den beiden letzten Jahren die allgemeine Wirtschaftskrise mit der Folge immer geringer werdender Steuereinnahmen. Schon im zweiten Jahr in Folge und auch in diesem Jahr 2006 können wir unseren Verwaltungshaushalt nicht mit laufenden Einnahmen ausgleichen. Selbst notwendige Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung waren nicht ausreichend genug, um den Rückgriff auf Reserven und Rücklagen zu vermeiden. In jeder Krise steckt aber auch immer eine Chance. Der Zwang zum Sparen und Kürzen beinhaltet auch die Möglichkeit sich auf das Wesentliche zu besinnen und Unnötiges abzubauen. Dass das nicht leicht ist, erfahren wir immer dann, wenn es ums Detail geht. Alle wollen sparen – aber keiner will davon betroffen sein. Sparen bedeutet nicht nur weniger, sondern auch sinnvoll Geld ausgeben, es bedeutet in erster Linie, Leistungen beschränken und nicht allen Wünschen nachgeben.
Wir können nur hoffen, dass die nun schon zu lange andauernde wirtschaftliche Talfahrt beendet wird und unsere Gesamtwirtschaft wieder in Schwung kommt, dass endlich den Städten und Gemeinden wieder der Finanzspielraum zur Verfügung gestellt wird, den sie brauchen, um vor allem Bestehendes zu erhalten.
Dennoch gab es bei uns in Oftersheim keinen Stillstand. Wir konnten einiges anpacken und auf den Weg bringen, was notwendig und für die weitere Entwicklung unserer Gemeinde wichtig war. Angefangen bei der Sanierung von Straßen und Hebewerken über die Sanierung des 40 Jahre alten Rathauses, den Abschluss der Ortsmittegestaltung einschließlich Umgestaltung des Gemeindeparks bis zur Erschließung des Neubaugebietes Nord-West, in dessen Fortsetzung auch der vorhandene Bahnsteig und Bahnhof zum S-Bahn-Haltepunkt umgestaltet wird. Auf die Schwierigkeiten mit dem Partner Bundesbahn habe ich bei mehreren Gelegenheiten bereits hingewiesen. Ohne die endlosen formalen Hürden, die zu überwinden sind, wären wir hier schon um einiges besser Vorangekommen. Nun bleibt nur zu hoffen, dass wie derzeit geplant, mit den entsprechenden Baumaßnahmen spätestens im Mai/Juni 2006 begonnen werden kann.
Wir haben darüber hinaus auch unsere Angebote im Kinder- und Jugendbereich erweitert. So wurden Plätze geschaffen für die Aufnahme von Kleinkindern unter drei Jahren in einem der vier Kindergärten, die ansonsten bedarfsorientierte Angebote leisten können. Eine Hortgruppe zur Nachmittagsbetreuung an der Friedrich-Ebert-Schule wurde eingerichtet und nicht zuletzt haben wir einen Antrag auf Einrichtung einer Ganztagesschule an der Theodor-Heuss-Schule gestellt.
Sie sehen, wir versuchen trotz schwieriger Finanzverhältnisse einiges, um Oftersheim gerade auch auf dem Gebiet der Kindergarten- und Schulversorgung zeit- und anforderungsgerecht zu positionieren. Die Wohn- und Lebensqualität unserer Einwohner, alte wie neu zugezogene, muss sich so entwickeln und gestalten, dass wir im Ranking der Gemeinden in der Metropolregion Rhein-Neckar mithalten und konkurrieren können. Dazu sollen auch die Kindergarten- und Schulentwicklungspläne beitragen, die bereits in Arbeit sind.
Auch unsere Verwaltung wurde in den letzten Jahren Schritt für Schritt modernisiert und anforderungsgerecht organisiert. Mit den räumlichen Veränderungen im Eingangsbereich des neuen Rathauses besteht nun die Möglichkeit der Einrichtung eines Bürgerbüros. Die geplanten ganztägig durchgehenden Öffnungszeiten sind ein weiterer Schritt in Richtung bürgerfreundliche Verwaltung.
Mit den kulturellen Veranstaltungen „Rock in da Hall“, „Ortsmittefest“ und der Reihe „Musik im Park“ konnte das kulturelle örtliche Leben zweifelsohne bereichert werden. Auch im kommenden Jahr soll es natürlich keinen Stillstand geben. Gemeinderat und Verwaltung sind intensiv bemüht um unsere Heimatgemeinde trotz schwieriger wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen zeitgemäß weiter zu entwickeln und Bestehendes zu erhalten.
Natürlich gilt es zunächst die Entwicklung des Baugebietes Nord-West intensiv voranzutreiben. Äußerst positiv überrascht bin ich von der sehr regen Nachfrage nach Reihen- und Doppelhausgrundstücken. Bereits heute liegen mehr als 160 Bauanträge vor. Bedauerlicher Weise mussten wir leider den Rückzug eines sicher geglaubten Investors verkraften. Es ergaben sich hier allerdings auch bereits neue Erfolg versprechende Gespräche, wobei nach wie vor die Ansiedlung eines Verbrauchermarktes auf Grund der Konkurrenzsituation in der näheren Umgebung schwierig ist. Die Errichtung der Lärmschutzwand, die zweite Bahnunterführung in Höhe der Hildastraße und die Bahnhofumgestaltung gehören natürlich mit zu den wesentlichsten Aufgaben die wir uns für das kommende Jahr vorgenommen haben. Es ist und bleibt das Ziel, bis Ende des Jahres alle Maßnahmen, zumindest den Lärmschutz und die neue Unterführung betreffend abgeschlossen zu haben. Das Ende der Sanierungsarbeiten am Rathaus ist für Mai 2006 vorgesehen, die Verwaltung will im Juni in die neuen Räumlichkeiten übersiedeln. Nachdem ca. 90 % der Arbeiten vergeben sind, ist der erfreuliche Schluss möglich, dass der vom Gemeinderat vorgegebene Kostenrahmen voraussichtlich eingehalten werden kann.
Nach einer früheren Absichtserklärung des Gemeinderats sollte ja im Abstand von zehn Jahren ein großes Gemeindefest mit historischem Umzug stattfinden. Wegen der zahlreichen anderen Aufgaben (z.B. Landtags- und Bürgermeisterwahlen, ursprünglich auch die Bundestagswahl, der 25. Tag des Waldes, der Umzug der Verwaltung ins sanierte Rathaus) hat sich der Gemeinderat schon frühzeitig entschieden, dieses Gemeindefest erst im Jahre 2007 durchzuführen. Ich bitte dafür um Verständnis. Schon in der nächsten Gemeinderatssitzung wird der organisatorische Startschuss mit der Bildung des Festausschusses erfolgen und schon heute ergeht an die örtlichen Vereine und Organisationen die Bitte zur Mitarbeit.
Die zuvor aufgezählten Maßnahmen und Aufgaben sind natürlich nur ein kleiner Auszug aus dem wieder sehr umfangreichen Arbeitsprogramm für dieses Jahr. Darüber hinaus stehen noch weitere Aufgaben und Beratungspunkte an (insbesondere Kindergarten- und Schulentwicklungsplan, Beratungen über das Verkehrsgutachten, die geplante Photovoltaikanlage auf dem Rathausdach oder das Naturschutzprojekt Badische Binnendünen).
Entscheidungen werden naturgemäß von der Bevölkerung auch kritisch begleitet. Das ist gut so. Sachliche und konstruktive Kritik hilft auch uns. Ich darf Ihnen versichern, dass Entscheidungen des Gemeinderats wohl abgewogen und nach bestem Wissen und Gewissen getroffen werden und das Gesamtwohl der Gemeinde im Mittelpunkt steht.
Wir haben in unserer Ortsmitte in den letzten Jahren nicht nur modern gestaltet. Auch die vorhandene und in den 80-er Jahren mit Weitblick entstandene Infrastruktur wurde gestärkt. Dazu gehörte die Ausweisung weiterer Parkplätze und Parkzeitbeschränkung, die Zulassung von Außenbewirtschaftung bis hin zur gestalterischen Öffnung des Gemeindeparks.
Nach Fertigstellung des Rathauses wird sich diese Mitte in einem wunderbaren Zustand präsentieren, der wirklich einlädt zum Einkauf, zum Aufenthalt, und zu einem Ort der Begegnung wird. Übrigens präsentieren sich auch viele private Hausfassaden in der Mannheimer Straße bis zur Heidelberger Straße in einem neuen Kleid und tragen zur Verschönerung des ganzen bei. Über all das hinaus, was für Sie alle sichtbar ist, wurde natürlich auch an den Erhalt des Bestehenden gedacht. Nicht nur beim Rathaus, auch die Kurpfalzhalle, Rose-Saal, JUZ, Hebewerke, Theodor-Heuss-Schule und Karl-Frei-Halle wurden nach Bedarf saniert.
Wie wichtig gerade Reparatur- und Sanierungsarbeiten an Gebäuden sind, wird uns am Beispiel Bad Reichenhall drastisch vor Augen geführt. Die Gemeinde ist nicht nur der Bürgermeister, der Gemeinderat, die Verwaltung - die Gemeinde ist ein lebendiger sozialer Organismus, geprägt vor allem durch ihre gesamte Bürgerschaft. Mitverantwortung, Mitgestaltung sind deshalb gefragt. Nehmen Sie aktiv am Gemeindegeschehen teil. Dies gilt für die Beteiligung bei anstehenden Wahlen aber auch für ehrenamtliches Engagement in Vereinen, Kirchen, in den sozial caritativen Organisationen oder in Einzelaktivität. Ehrenamtliches Engagement ist ein wichtiges Element und eine Stütze der humanen Gesellschaft und einer lebendigen Demokratie. In ca. 40 örtlichen Vereinen und sonstigen Organisationen engagieren sich zahlreiche Männer und Frauen, setzen sich ein für ihre Mitmenschen. Ich möchte allen, auch den zahlreichen Jugendlichen, die sich mit Idealismus, mit viel Zeit, Energie und Kompetenz uneigennützig engagieren auch Dank und Anerkennung sagen. Dank für ihren persönlichen Einsatz zur Stärkung des Gemeinwohls, Dank auch ausdrücklich den Mitgliedern des Deutschen Roten Kreuzes und der Freiwilligen Feuerwehr.
Danken möchte ich auch den Mitgliedern des Gemeinderats und den sonstigen örtlichen Gremien sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung für ihre Arbeit zum Wohl der Gemeinde und unserer Einwohner. Ein Dank auch an alle Bürgerinnen und Bürger für ihr Vertrauen in unsere Arbeit und für ihr Verständnis für manchmal auch unangenehme Entscheidungen, die im Interesse der Gesamtheit aber notwendig waren. Ich wünschte mir manchmal auch ein wenig Geduld, wenn z.B. durch Baumaßnahmen Behinderungen eintreten, auch eine Abkehr von einem Anspruchsdenken an die öffentliche Hand und hin und wieder mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortung.
Wir dürfen mit Blick auf das Erreichte in unserer Gemeinde zufrieden sein. Ganz sicher stehen wir vor einigen Problemen. Es gibt aber keinen Grund zu verzagen, das darf uns nicht bange machen.
Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, sind wir optimistisch wie Bundestrainer Jürgen Klinsmann, der die Fußball-WM gewinnen will und fest daran glaubt. Fester Glaube kann bekanntlich Berge versetzen. Glauben auch wir an ein gutes und erfolgreiches Jahr 2006, das uns wieder mehr wirtschaftliche Stabilität bringt. Ihnen allen, die Sie mit uns diese Tradition des Neujahrsempfangs begehen, allen Menschen unserer Gemeinde, unseren Freunden in der Partnergemeinde Weinböhla und im Ausland wünscht der Gemeinderat und die Verwaltung, meine Familie und ich, ein harmonisches und Glück bringendes Jahr 2006.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein kurzes Wort zur bevorstehenden Bürgermeisterwahl, die voraussichtlich am 24. September stattfindet sagen: Für mich persönlich sind diese zurückliegenden acht Jahre viel zu schnell vergangen. Es war eine nicht ganz einfache Zeit in einer wirtschaftlich schwierigen Zeitspanne. Die Umlegung eines 30 ha großen Baugebietes war eine unwahrscheinlich große und schwierige Aufgabe, die manchmal mehr als das Zumutbare gefordert hat. Aber die Freude und Motivation an den Aufgaben eines Bürgermeisters ist bei mir nach wir vor uneingeschränkt vorhanden. Ich werde selbstverständlich nochmals kandidieren.“